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Jeden Tag, winters wie sommers, lädt dich die Natur ein, Messer und Erntekorb zu nehmen und auf die Suche nach essbarem Grün zu gehen. Folge damit deiner intuitiven Einladung ins Reich der grünen Pflanzen.
Es wird dir sicher sehr viel Freude bereiten, dich mit den essbaren Wildpflanzen, deren Heilwirkung, Geschmacksnuancen, Vielfalt, dem gesunden Essen und der Verarbeitung der gesammelten Schätze auseinanderzusetzen. Aber Vorsicht, einmal damit begonnen, wird dich dieses Thema nicht wieder loslassen.
Wir laden dich hiermit ein, einen Weg zu gehen, der dich nährt und erfüllt, dir Freude bereitet, dich mit der Natur verbindet und dir leichtfüßige Bewegung in freier Natur verschafft.
Bei vielen Kräutergängen kannst du dich auch mit der Mythologie und der Vergangenheit deiner Heimatregion auseinandersetzen. Ganz nebenbei kannst du erfahren, wie schön es ist, sich auf die Kraft der Natur einzulassen.
Was du aus den gesammelten Pflanzen zubereiten wirst, bleibt oft bis zum Ernten eine Überraschung. Inspirationen bekommst du durch die abwechslungsreichen Geschmacksnuancen.
Der Jahreslauf bietet so unterschiedliche Möglichkeiten durch Blätter, Blüten, Früchte und Wurzeln. Sie alle können unkompliziert in die tägliche Küche integriert werden.
Der Jahreslauf in seiner Vielfalt
Essbare Pflanzen gibt es fast ganzjährig und auch schon ganz früh im Jahr, je nachdem, wie lange der Winter das Land zur Ruhe zwingt. Mit dem Erwachen der Natur, was oft schon im Februar geschieht, kommen ganz vorsichtig, aber kraftvoll die ersten Pflanzen ans Licht. Was für ein Geschenk.
Also geh auch du los. Sooft es deine Zeit erlaubt. Mit jedem Tag, den du da draußen bist, wirst du freier und sicherer im Umgang mit essbaren Wildpflanzen.
Ab März/April lässt die Natur alles wieder erwachen und rasant wachsen. Jetzt ist die beste Zeit, um sich mit dem wertvollen Grün zu beschäftigen. An vielen Orten werden nun Kräuterwanderungen angeboten, die man als Neueinsteiger nutzen sollte. Jetzt sind die Pflanzen zart und voller Energie. Selbst die Blätter vieler Bäume kannst du in diesem Zeitraum als Salatzutat ernten.
Im Sommerhalbjahr gehen die Wildpflanzen in die Blüte und anschließend in die Samenreife. Das heißt, du kannst nun viele Pflanzen mit Blüten ernten oder auch die ersten Samen für den Winter sammeln.
Möchtest du auf eigenen Flächen Wildpflanzen anbauen, mähst du im Sommer diese Fläche maximal einmal, so dass sich wieder junges, zartes Grün entwickeln kann.
Im Herbst bringen fast alle Pflanzen ihre Samen zur Reife, du kannst nun viele Früchte ernten und verarbeiten. Gemähte Flächen liefern zuverlässig junge, zarte Blätter und Blüten.
Gleichzeitig ist der Herbst wie ein kurzer Frühling. Viele unserer essbaren Wildpflanzen schieben vor dem Winter noch einmal ganz zartes Grün gen Himmel. Bis zu den ersten Frösten versorgen diese Pflanzen dich ganz zuverlässig mit hochwertigen Nährstoffen.
Im Winterhalbjahr wird die Ernte etwas aufwändiger. Es gibt weit weniger Pflanzen, die dir zur Verfügung stehen. Gut geeignet sind wettergeschützte Orte, Wälder, Seen- und Flussufer oder auch die Meeresküste. Auch im Frühjahr findest du an diesen Orten die allerersten, zarten Pflanzen.
Was sind überhaupt Wildpflanzen bzw. Wildkräuter und was macht sie so besonders?
Das Wort ‚Wildkräuter‘ ist vermutlich ein gutes Synonym für viele essbare Wildpflanzen. Dabei liegt der Fokus auf Pflanzen, die nicht oder kaum durch den Menschen kultiviert, gezüchtet oder anderweitig verändert wurden.
Es gibt mehr als 1.000 essbare Wildpflanzen, die uns im Jahr zur Verfügung stehen. In ihnen steckt das ganze Potential für eine gesunde wie vollwertige Ernährung. Sie wachsen im Garten, am Feld- und Gehölzrand, im Wald sowie auf Brachflächen und letztlich überall, wo wir Menschen der Natur Raum gewähren.
Zu den essbaren Wildpflanzen gehören neben krautigen Pflanzen auch Wurzeln, Blüten, Früchte und Blätter von Bäumen, zugleich auch Moose und Flechten.
Aber nicht alle Pflanzen sind essbar, deshalb hilft es jedem, in den ersten Jahren regelmäßig Kräuterwanderungen mitzumachen. Hier erfährst du viel über essbares Grün und kannst dich an dieses spannende Themenfeld herantasten.
Nur Mut! Die meisten Pflanzen sind essbar oder zumindest genießbar. Nur wenige Pflanzen sind für unsere Ernährung kaum geeignet. Und ein noch geringerer Anteil ist tatsächlich giftig.
Es ist also gescheiter, erst die unverträglichen Pflanzen kennenzulernen, um anschließend und ohne Angst die essbare Pflanzenwelt zu ergründen.
Warum sind Wildpflanzen so gesund?
Es ist nicht nur die unendliche Kraft der grünen Pflanzen, die so faszinierend und vielfältig ist. Es sind genau diese Wildpflanzen, die alle essenziellen Inhaltsstoffe in der richtigen Kombination enthalten. Sie versorgen uns durch ihre Frische mit einzigartiger, biologisch aktiver Energie.
Aus unserer menschlichen Geschichte heraus haben wir uns über Tausende von Jahren von diesen wilden Pflanzen und Kräutern ernährt. Der überwiegende Teil unseres Essens war stets pflanzenbasiert. Und die Natur hat sich liebevoll um jedes Wesen gekümmert: Unsere ursprüngliche Nahrung hält uns gesund und fit.
Oder bist du schon einem Fuchs mit Lebensmittelunverträglichkeiten begegnet, einem Hasen mit Schnupfen oder einer Meise mit Brille? Nein? Das könnte an den Wildpflanzen liegen.
Gleichzeitig macht es wenig Sinn, sich mit dieser Thematik zu überfordern. Gehe langsam und behutsam den Weg einer gesunden Ernährung. Ansonsten ist ein Scheitern leicht möglich.
Dein Körper muss sich genauso an all diese wunderbaren Kräuter, Früchte und Wurzeln gewöhnen, wie er sich in der Vergangenheit mit deinem bisherigen Essen auseinandersetzen musste.
Er braucht Zeit, u. a. um seine Darmflora (Mikrobiom) an naturbelassene Lebensmittel anzupassen. Freilich verlangt niemand von dir, nur Grünes oder ausschließlich Wildpflanzen zu essen. Das wäre sicher ein heldenhaftes Ziel, aber im Alltag kaum umzusetzen. Dennoch bleibt es wichtig, sich täglich mit einer guten Portion frischer und ursprünglicher LEBENsmittel zu versorgen.
Inhaltsstoffe unserer Pflanzen und was LEBENsmittel eigentlich sind
Eine Definition für LEBENsmittel scheint momentan schwierig. Denn eigentlich müsste das Buch der Ernährung neu geschrieben werden. Lebensmittel sind unbehandelte, frische, energetisch hochwertige und naturbelassene Produkte. All das bieten uns essbare Pflanzen aus freier Wildbahn.
Ihr ausgeglichener und hoher Gehalt an Mineral- und Ballaststoffen, Vitaminen, sekundären Pflanzenstoffen (Farb-, Duft- und Aromastoffe, pflanzliche Hormone, Regulatoren) und Fetten ist mit keinem Kulturgemüse zu toppen.
Unser Kulturgemüse entspricht dem faden Geschmack unserer Zeit, ohne Würze, mit viel eingelagertem Wasser und einer hohen Transportfähigkeit. Oftmals werden Obst und Gemüse unreif geerntet. Das stellt unser Mikrobiom vor allerhand Herausforderungen.
Besonders die Bitterstoffe, die uns im heutigen Obst und Gemüse abhandengekommen sind, finden wir in fast allen essbaren Wildpflanzen. Bitterstoffe sind beispielsweise ein ganz wichtiger Katalysator für unseren Stoffwechsel und beeinflussen die Verdauung positiv.
Wie und wo kann man essbare Wildpflanzen sammeln?
Am besten nimmst du dir ein gutes Messer und einen Baumwollbeutel oder einen Erntekorb für deine Schätze. Im Plastikbeutel schwitzen die Kräuter und werden viel eher schlapp. Ein feuchter Baumwollbeutel hingegen hält die Pflanzen länger frisch. Du kannst ihn nach der Ernte auch gut im Gemüsefach des Kühlschranks lagern. Dann bleiben die Pflanzen bis zu fünf Tagen frisch.
Du kannst getrost sammeln, wann es deine Zeit erlaubt. Es ist weniger wichtig, zu welcher Tageszeit du dich auf den Weg machst. Bei Heilkräutern hingegen spielt die Tageszeit eine Rolle.
Gönne mir beim Sammeln dann nur das Beste!
Die Natur hält diese Pflanzen kostenlos und in hoher Qualität bereit. Aber nimm von den Pflanzen nur die jungen, knackigen Teile; bei den Beeren nur die reifen Früchte; von den Blättern der Bäume nur die jungen und zarten.
Je sorgfältiger du erntest, umso leichter ist die Verarbeitung später in der Küche. Dabei gibt es fast keine Abfälle. Sammle nur das, was du benötigst und verarbeiten kannst. Alles andere bleibt an der Pflanze und in der Natur. Sei behutsam mit jeder Pflanze, sodass sie auch nach der Ernte weiter wachsen kann. Behandle die Natur mit Liebe und Achtsamkeit.
Viele unserer Wildpflanzen wachsen auf Wiesen, an Weg- und Feldrainen, am Gehölzsaum und am Waldrand. Aber auch im Wald, auf Streuobstwiesen, Brachflächen, in Schrebergartenanlagen, im Naturgarten; sogar auf Friedhofsflächen wird heute in der Stadt gesammelt.
Wer die Möglichkeit hat, kann auch unverblümt auf dem Bauernhof seines Vertrauens nachfragen. Jeder Gärtner freut sich, wenn das Beikraut weniger wird.
Wichtig ist, dass die Flächen, auf denen du sammelst, nicht gedüngt oder durch Pestizide verunreinigt sind.
Meide Straßen, Autobahnen, intensiv genutzte Anlagen und Wege aufgrund der Schadstoffbelastungen zum Ernten. Auch hoch frequentierte Grünflächen eignen sich kaum für eine Ernte.
Erntetipps
Es gibt einige Tipps, die dir das Sammeln erleichtern und die dabei beachtet werden müssen. Ernte nur dort, wo ausreichend Pflanzen zur Verfügung stehen!
Die Natur hält für uns eine Vielfalt an Pflanzen bereit, die wir durch achtsames Ernten erhalten wollen.
Generell ist es wichtig, dass du deine Ernte schnell verarbeitest. Die biovitale Kraft liegt in der Energie der Pflanzen, die du beim Essen fast spüren kannst. Mit der Lagerung baut die Pflanze diese wertvollen Stoffe und auch Vitamine immer weiter ab. Deshalb ist ein regelmäßiges Sammeln von Wildpflanzen so wichtig.
Neben dem tollen Essen bietet dir ein Kräutergang viele weitere Vorteile: Du bist an der frischen Luft, kommst in Bewegung und kannst gleichzeitig deine Gedanken fließen lassen. Es macht Spaß, sich mit Freunden zu treffen und gemeinsam die Welt da draußen zu erkunden.
Pflanzen-Apps sind eine erste Hilfe, um das essbare Grün zu erkunden. Mit Hilfe eines Bestimmungsbuches kannst du zu Hause die Pflanzen noch einmal nachbestimmen.
Bei allem Enthusiasmus ist es wichtig, dass du dir immer sicher bist, was du erntest. Als kleine Hilfestellung mag dir dienen, dass giftige Pflanzen oftmals unangenehm riechen, einen unangenehm bitteren Geschmack haben, Milchsaft in den Stängeln oder Blättern enthalten oder Hautirritationen bei dir auslösen können. Aber nicht alle giftigen Pflanzen haben diese Eigenschaften.
Ein Beispiel: Der Gefleckte Schierling (giftig) riecht etwas unangenehm (nach Mäuseurin), das grüne Kraut jedoch hat keinen auffälligen Geschmack oder Geruch. Du kannst ihn als Neuling kaum von den essbaren Arten unterscheiden.
Diese Pflanze gehört zu den Doldenblütlern, von denen es einige unverträgliche bis giftige gibt. Deshalb ist jedem Neueinsteiger von dieser Familie abzuraten.
Tipp: Die einfachsten drei Pflanzen zum Einstieg sind Brennnessel, Giersch und Löwenzahn.
Diese drei Spezialisten gehören zu den Ärgernissen eines modernen Gartens. Gleichzeitig sind sie fast überall zu finden. Brennnessel, Giersch und Löwenzahn bringen deine Ernährung in Schwung und halten dich fürs erste fit.
Brennnessel und Löwenzahn sind fast jedem bekannt. Bei Giersch hilft dir jeder Gartenbesitzer weiter. Giersch ist schlechthin eine Plage im konventionellen Garten, im Naturgarten hingegen gern gesehenes Essen.
Der Einstieg ins botanische Reich fällt dir am leichtesten durch geführte Kräuterwanderungen. Merke dir nur fünf bis sechs Pflanzen pro Wanderung, so dass du sie anschließend sicher alleine im Freiland bestimmen kannst. Wiederholung ist auch hier die Mutter der Weisheit.
Für deine Wanderungen helfen dir Bücher:
Für Enthusiasten und Fortgeschrittene:
Alle Bücher bekommst du antiquarisch für wenig Geld und in guter Qualität.
Auch auf Flohmärkten findet man eine Menge alter Kräuterbücher, die grundsätzlich gutes Wissen enthalten. Nur die Rezepte muss man der heutigen Zeit anpassen.
Quellenverzeichnis
Cover: madeleinesteinbach via Canva.com