Was ist eigentlich im Winter draußen los? Neben der eingeschränkten Auswahl an grünen Wildkräutern in der kalten Jahreszeit birgt der Winter weit mehr Schätze als er vermuten lässt. Denn Winterzeit ist Wurzelzeit. Was und wie du diese unterirdischen Pflanzenteile finden bzw. ernten kannst, verraten wir dir in diesem Artikel.
Essbare Wurzel oder essbare Knolle?
Am einfachsten ist es, die unterirdischen Pflanzenteile in Wurzeln und Knollen zu unterteilen. Doch was ist der Unterschied?
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Wurzeln benötigen Pflanzen zur Verankerung im Boden, zur Wasser- und Nährstoffversorgung. Viele Pflanzen nutzen sie aber auch als Speicherorgan. Diese Speicherorgane können unterschiedlich ausgebildet sein und beispielsweise Knollen oder Speicherwurzeln hervorbringen. Man nennt diese Umwandlungen dann Wurzelmetamorphose.
Eine typische essbare Speicherwurzel bilden zum Beispiel Möhre, Nachtkerze oder auch Haferwurz aus. Zu den essbaren Wurzelknollen zählen Pflanzen wie Scharbockskraut, Dahlie, Topinambur oder Yacon.
Essbare Wurzeln und Knollen im Winterhalbjahr
In der kalten Jahreszeit, ab Oktober, ziehen die ausdauernden (mehrjährigen) Pflanzen ihre ganze Kraft in ihre Rhizome, Wurzeln, Knollen oder auch Zwiebeln zurück. Das ist notwendig, da sie ihre ganze Kraft benötigen, um im Frühjahr zeitig wieder startklar zu sein. Das Schöne für uns dabei ist, dass wir viele dieser unterirdischen Speicherorgane essen können. Und nicht nur das, viele von ihnen sind auch in der Hausapotheke effektiv nutzbar.
Welche Wurzeln sind essbar?
Es gibt eine Vielzahl essbarer Wurzeln – auch im Wildkräuterbereich. Wir haben dir eine umfangreiche Auswahl zusammengestellt. Außerdem erfährst du hier wie und wofür du sie verwenden kannst.
Knoblauchsrauke
Die Knoblauchsrauke ist auch im Winter gut und leicht erkennbar. Die ganze Pflanze wird vorsichtig mit der langen Wurzel ausgegraben, gesäubert und gewaschen. Bitte verwende nur junge Pflanzen, denn ältere Exemplare haben eine verholzte Wurzel.
Anwendung: roh in der Küche wie Meerrettich anzuwenden, ist lecker scharf, wirkt ausleitend, blutreinigend
Giersch
Giersch ist eine der häufigsten Pflanzen in Garten, Wald und Flur, deren Wurzeln essbar sind. Am besten fragst du einen Gartenbesitzer, ob du Giersch bei ihm ernten darfst. Mit der Grabegabel werden die zarten Wurzeln ausgegraben und gewaschen.
Anwendung: roh im Salat oder im Smoothie verarbeiten, wirkt ausleitend, entsäuernd, Harnsäure abbauend
Große Klette
Die Klette findest du nur, wenn du die Pflanze kennst oder ihren Standort im aktiven Zustand markiert hast. Die Wurzeln enthalten bis zu 70 % Kohlenhydrate und stellen damit eine gute Nahrungsgrundlage dar.
Anwendung: gekocht wie Hafer- oder Schwarzwurzel verwenden
Löwenzahnwurzeln
Löwenzahnwurzeln sind zum Glück auch im Winterhalbjahr gut zu erkennen. Die Pflanze überwintert mit einer typischen Blattrosette und wird auch im Ganzen geerntet. Die Wurzel hat eine lange Tradition in der alternativen Kaffeerösterei.
Anwendung: roh in der Küche als ganze Pflanze (mit Blattrosette und Wurzel), Wurzel gut gesäubert und gewaschen als Kaffee (erst zerkleinern, dann in der Pfanne rösten), enthält im Winterhalbjahr viel Inulin (Diabetikerpflanze) und einen hohen Bitterstoffgehalt
Malven
Die Grundblätter der Malve sind auch im Winter auffindbar, allerdings etwas schwierig für Anfänger. Wurzeln mit der Grabegabel ausheben, säubern, waschen.
Anwendung: roh oder gekocht als Zutat im Salat, in der Suppe gut als Bindemittel verwendbar, antibakteriell, ausleitend, schleimlösend
Meerrettich
Meerrettich ist die scharfe Wilde unter unseren heimischen Pflanzen mit geballter Energie. Meerrettich wird aufgrund seiner Inhaltsstoffe und Wirkung auch Ingwer des Nordens genannt. Den Standort im Sommerhalbjahr merken oder markieren, die tiefe Wurzeln mit einer Grabegabel ernten, säubern, waschen und evtl. trocknen.
Anwendung: am besten frisch und roh für Aufstriche, Salate, Ansätze (mit Honig), Tinktur
Meerrettich bietet dir besten Schutz in der kalten Jahreszeit gegen Erkältungen (Bakterien, Pilze, Viren) und stärkt dein Immunsystem.
Nachtkerzen
Nachtkerzen behalten auch im Winter ihre grüne Blattrosette. Diese kannst du im Ganzen mit der Wurzel ernten und verarbeiten. Sie sind sehr mild im Geschmack.
Anwendung: am besten roh im Salat oder frisch im Smoothie, alternativ in der Pfanne mit anderem Gemüse dünsten
Rohrkolben (Breitblättriger und Schmalblättriger)
Rohrkolben ist eine heimische, kraftvolle Wasserpflanze. Du findest diese an langsam fließenden Gewässern, Bach- und Flussufern, Teichrändern und Sümpfen. Typisch für beide Arten sind die unterirdischen, essbaren Ausläufer, auch Rhizome genannt.
Anwendung: roh und frisch verarbeitet oder gekocht wie Kartoffeln, trocknen und zu Pulver verarbeiten (gutes Bindemittel in Suppen und Soßen), Mehlersatz, interessante Nahrungspflanze, die noch entdeckt werden möchte
Hinweis: Die Ernte der Wurzelverdickungen ist durch den nassen Standort etwas schwierig. Bitte gehe achtsam bei der Ernte vor, störe in den sensiblen Feuchtgebieten keine Tiere und zerstöre keine Lebensräume!
Wegwarte
Wegwarte ist auch im Winter als Pflanze erkennbar, oftmals steht der abgeblühte Stängel am Wegesrand. Die grüne Blattrosette verrät dann die Pflanze. Vorsichtig mit der Grabegabel die lange und kräftige Wurzel ausheben, säubern und waschen.
Anwendung: wie Löwenzahnwurzel zu Kaffeepulver verarbeiten, enthält ebenfalls viel Inulin und Bitterstoffe, auch gut mit Löwenzahn zusammen verwendbar
Welche Knollen sind essbar?
Im Vergleich zu den einfachen Speicherwurzeln einer Pflanze ist die Auswahl an Knollen recht überschaubar. Die meisten essbaren Knollen sind nicht heimisch, so dass sie in der freien Natur nicht vorhanden sind. Trotzdem wollen wir dir eine kleine Auswahl an dieser Stelle vorstellen.
Scharbockskraut
Eine der wenigen Pflanzen mit einer essbaren Knolle aus der heimischen Natur ist das Scharbockskraut. Die Pflanze erscheint ganz zeitig im Frühjahr und tritt dann in Massen auf. Sie ist im Naturgarten, am Waldrand und im Wald auf durchlässigen, eher feuchten Böden zu finden. Geerntet wird das Scharbockskraut im Ganzen, also mit den kleinen Wurzelknollen.
Möchtest du nur die kleinen, zarten Knollen im Winter ernten, musst du dir den Standort merken oder auf die ersten zarten Blätter warten.
Anwendung: in der Rohkostküche, als ganze Pflanze im Frühjahr empfohlen
Topinambur
Eine seit Jahrhunderten eingeführte Pflanze aus Nordamerika, die gerade wieder eine verdiente Renaissance erlebt. Topinambur gehört zu den Sonnenblumen, hat eine stattliche Größe und eine ausgeprägte Wurzelknolle. Diese muss nicht im Winter eingelagert werden, da die Knollen völlig frosthart sind.
Anwendung: in der Küche gekocht, gedünstet, gebraten wie Kartoffel, alternativ frisch in der Rohkostküche; stark stoffwechselanregend, blähend
Dahlien
Die wunderschönen, farbintensiven Dahlien gehören zu den Lieblingen im bunten Hausgarten. Sie sind weder heimisch noch winterfest. Wenn man sie viele Jahre erhalten und auch nutzen möchte, brauchen sie für die kalte Jahreszeit ein Winterlager und man darf nicht alle Knollen aufessen.
Anwendung: in der Küche gekocht, gedünstet, gebraten wie Kartoffel, alternativ frisch in der Rohkostküche
Wann und wie erntest du essbare Wurzeln und Knollen?
Der Standort
Ratsam ist es, die Pflanzen und den jeweiligen Standort im Sommerhalbjahr zu erkunden, so dass du die Pflanzen im Winterhalbjahr wieder findest. Das ist am einfachsten im eigenen Garten. In freier Natur musst du dich schon weit besser auskennen, um auch im Winterhalbjahr das Gesuchte zu entdecken. Am besten ist es, wenn du dir die Stellen genau merkst oder markierst.
Tipp: Besonders kräftig gewachsene, starke Pflanzen lassen auf ein gut ausgebildetes Wurzelwerk schließen. Das verspricht eine erfolgreiche Winterernte.
Die Zeit
Mit den ersten Herbststürmen startet die Erntezeit. Die Wurzelsaison geht von Oktober bis April – faktisch in allen Monaten mit einem ‚R‘ im Namen. Das ist eine hübsche Regel, die man sich leicht merken kann. In dieser Zeit ziehen die Pflanzen ihre ganze Kraft nach innen. Blätter und Stängel sind bereits vertrocknet oder abgestorben. Die beste Zeit ist der späte Herbst, da sich jetzt noch viele Pflanzen leichter erkennen lassen.
Die Ernte
Nimm einen Eimer oder einen Stoffbeutel, im besten Falle eine Grabegabel, eine lange Handschaufel oder ein stabiles Erntemesser. Und dann kann es losgehen.
Kleinere Wurzeln, wie die des Löwenzahns, sind gut mit einem robusten Messer zu stechen. Für Knollen, wie die der Topinambur, verwendest du besser eine Grabegabel. Generell lassen sich alle unterirdischen Pflanzenteile am besten mit einer Grabegabel ernten. Diese ermöglicht dir einen ausreichend starken Hebel und verringert mögliche Verletzungen der Wurzeln.
Vorsichtig greifst du mit der Grabegabel tief unter die Pflanze und hebst dabei die Wurzeln aus der Erde. Anschließend lockerst du den Aushub behutsam, sortierst das Erntegut aus und schließt das entstandene Loch wieder mit der Erde. Das ist ganz wichtig, da du achtsam mit der Natur umgehen willst.
Nun werden die Wurzeln vor Ort mit einer kleinen Gemüsebürste gesäubert. So hast du später weniger Arbeit und Schmutz in der Küche. Das Erntegut ist jetzt bereit, um in der Küche oder Hausapotheke weiterverarbeitet zu werden.
Die meisten Pflanzen sind mehrjährig. Deshalb empfiehlt es sich, nur die Wurzeln der jungen Pflanzen zu ernten. Im zweiten Standjahr werden die Wurzeln oft holzig.
Knollen bilden sich jedes Jahr aufs Neue, sie können dadurch nicht holzig oder alt werden.
Ernte nur so viel, wie du tatsächlich verbrauchen kannst. Wurzeln und Knollen sind nicht lange haltbar bzw. müssen bis zur Verarbeitung in feuchter Erde eingeschlagen werden.
Quellenverzeichnis
Cover: Madeleine_Steinbach via Canva.com
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